Die Zukunft ist noch nicht vorbei!

Arbeitslosigkeit, Ausgeschlossenheit, multiple Krisen: Die Jugend in den ex-jugoslawischen Ländern scheint perspektivlos. PIA BREZAVŠČEK zeigt, wie Künstler*innen mit Blick in die Vergangenheit die Zukunft zurückerobern.

Womöglich sind Sie mit dem Futurismus bekannt. Die in Italien begründete Kunstströmung verbreitete sich Anfang des 20. Jahrhunderts zuerst in Europa und schließlich auch über den Kontinent hinaus. Doch haben Sie auch vom Jugofuturismus (Yugofuturism, YUFU) gehört? Im kommenden versuche ich, Ihnen die künstlerisch unausgeschöpften Potenziale dieses Konzepts zu erläutern, das auch unserer Jubiläumsausgabe der Zeitschrift Maska ihren Namen schenkte. 

Maska ist ein über 200 Jahre altes Institut für Verlagswesen und Performancekunst in Slowenien. Nach der 22-jährigen Leitung durch den Künstler Janez Janša* traten wir als neues Team seine Nachfolge an. Wir gehören zu einer Generation, die Jugoslawien nie bewusst miterlebte. Dennoch haben wir Erfahrungen zweiter Hand: die noch existierende Infrastruktur und Architektur, die Geschichten unserer Eltern und Großeltern. Sie wuchsen in einem multiethnisch und sozialistisch geprägten Umfeld auf, in dem die Menschen größtenteils glaubten, eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Wir hingegen sollten globalisierte Kinder einer neugeborenen Republik Slowenien werden. Im Gegensatz zu anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens war unser Abschied vom alten Staat nicht allzu traumatisch, doch der Enthusiasmus für einen neuen slowenischen Nationalstaat wurde durch die Privatisierung und die spätere Finanzkrise schnell gedämpft. Die Wende hat unsere Zukunft abgeschafft. Vor allem Millennials und jüngere Generationen verloren durch die Transformation zum Kapitalismus den Glauben an den „Fortschritt“. Ökologische und politische Krisen lassen uns vielmehr einen Weltuntergang erahnen. 

Der Appell in Form des Jugofuturismus beruht dennoch nicht auf einem Gefühl der Nostalgie. Jugoslawien zerfiel auf eine brutale Art und Weise, was kaum die Folge eines perfekten Staatsmodells sein kann. Der Staat war nicht frei von Nationalismen, Chauvinismus und Aufhetzung – Aspekte, die wir nicht vermissen. Doch in der damaligen Multiethnizität, im sozialistischen Feminismus, im Prinzip der Gleichheit aller Menschen und dem Recht auf ein sinnerfülltes Leben und Freizeit sowie im sozialen Wohnbau sehen wir eine Fülle unausgeschöpfter Potenziale. Jugofuturismus soll kein neues politisches Programm für die Zukunft sein, er ist das Politikum an sich, wieder an die Zukunft zu glauben. Er gibt den Mut, uns die Mitgestaltung der Welt anzueignen und uns nicht einfach den Regeln eines hegemonialen Plans anzupassen. Seit unserer Jubiläumsausgabe 2020 haben wir daher eine Vielzahl unterschiedlicher Projekte realisiert. Autor*innen aus dem ehemaligen Jugoslawien, Bulgarien und dem Vereinigen Königreich trugen bisher mit künstlerischen oder theoriebezogenen Artikeln zu unserer Zeitschrift bei. 2021 organisierten wir eine Konferenz auf der 34. Biennale für grafische Künste in Ljubljana, die dem jugoslawischen Technologiekonglomerat Iskra Delta gewidmet war. Eine weitere Konferenz fand 2022 auf dem Internationalen Theaterfestival BITEF in Belgrad statt. Da wir unser Projekt allen Interessierten zugänglich machen möchten, richteten wir mit der Open Source Programmierergruppe Kompot eine Internetseite ein. Hier kann jede*r Gedanken zum Jugofuturismus teilen und direkt neue Konzepte hinzufügen oder bestehende bearbeiten. So entsteht ein kollaboratives, dezentralisiertes „jugofuturistisches Manifest“. 

Peripherie empowern 

In Anlehnung an das Konzept des Afrofuturismus kann eine weitere politische Dimension auf den Jugofuturismus angewendet werden: Ethnische oder anderweitig marginalisierte Gruppen haben die künstlerische Kraft, Identitäten und Gesellschaften wiederherzustellen oder zu reparieren, die als zukunftslos und rückständig bezeichnet werden. Die Nachfolgestaaten Jugoslawiens unterschieden sich teilweise stark in Bezug auf ihre wirtschaftliche Situation und die Einbindung in die EU. Doch ihnen allen ist eine gewisse Zukunftslosigkeit gemein, die sich in Jugendarbeitslosigkeit, Abwanderung und Wirtschaftsmigration zeigt. Viele haben zudem das Gefühl nur am Rande Europas zu existieren. Aus dieser Perspektive kann der Jugofuturismus eine kreative Erinnerung daran sein, dass eine besondere Kraft in der Einheit liegt. Durch Nationalismen zersplitterte und durch Eurozentrismus entfremdete Menschen können wieder zusammenfinden. Die Autorin Ana Fazekaš schreibt in Maska dazu, dass wir die überwältigenden Gefühle des Zurückbleibens und der Hoffnungslosigkeit nicht bekämpfen, sondern annehmen sollten. In der Akzeptanz dieser Gefühle kann eine gewisse Befreiung liegen, da wir unser Verlierertum endlich bejahen und es nicht mehr schamhaft zu verstecken versuchen. 

Zwischen Utopie und Dystopie 

Nichtsdestotrotz ist Jugofuturismus eine Frage und keine Antwort. Wir versuchen einen kreativen Funken zu entfachen, und Anlässe zu bieten, um sich wieder interregional zu vernetzen. Für die Nachkriegsgenerationen gab es bisher kaum derartige Möglichkeiten. 

Da Maska auch ein Institut für künstlerische Produktion im Bereich der performativen Künste ist, veröffentlichten wir 2022 eine offene Ausschreibung für eine jugofuturistische Performance. Schließlich wurde das Stück „How well did you perform today?“ der bosnischen Performance-Künstlerin Alma Gačanin beim YUFU Cycle Event im Jänner dieses Jahres uraufgeführt. Es zeigt eine feministische Dystopie, die in einem Fitnessstudio der Zukunft spielt. In dem Stück werden sexuelle, emotionale und ausbeuterische Dimensionen der Arbeit erforscht. Außerdem beauftragte Maska Performer*innen und Forscher*innen, sich mit der Idee einer alternativen Zukunft des Künstlers und Forschers Rok Kranjc auseinanderzusetzen: In „Future 14b“ führte ein Alien durch den „Krater“, eine verlassene Baustelle in Ljubljana, und zeigte Stationen unserer utopischen und dystopischen Zukunft. 

In Zusammenarbeit mit Radio Študent, dem ältesten unabhängigen Radio in Europa, entstand zudem eine Reihe von Sendungen und kurzen Experimentalfilmen. Sie handeln von wichtiger Infrastruktur wie Straßen und Eisenbahnen in postjugoslawischer Zeit, Roadtrips der „verlorenen Generation“ und von Kultmodestücken wie den Trainingsanzügen aus den Achtzigern, die heute recycelt werden und wieder im Trend liegen. Für letzteres Projekt arbeiteten wir mit dem Lehrstuhl für Textil- und Modedesign der Fakultät für Natur- und Ingenieurwissenschaften zusammen. Innerhalb eines Semesters verwandelten Studierende alte Trainingsanzüge in Designerstücke zum Thema Jugofuturismus.  

Für uns steht Jugofuturismus erst am Anfang. Mit unserer partizipatorischen Webseite und weiteren künstlerischen und interdisziplinären Initiativen möchten wir den Funken der Kreativität immer wieder neu entfachen und Wege für sinnvolle interregionale und internationale Verbindungen schaffen. 

 

Janez Janša (geboren Emil Hravtin) ist einer von drei slowenischen Künstlern, die sich 2007 nach dem rechtspopulistischen Politiker und ehemaligen Ministerpräsidenten Sloweniens umbenannten. 

Hoffen auf Europa: alte und neue Versprechen einer gemeinsamen Zukunft

Melanie Jaindl moderierte ein Gespräch zwischen dem deutschen Botschafter in Slowenien Adrian Pollmann und den Teilnehmer*innen der Sommerakademie des Max Weber-Programmes der bayerischen Landesbegabtenförderung (Studienstiftung des deutschen Volkes). Inhaltlich drehte sich das Gespräch um die regionale Zusammenarbeit, nicht zuletzt im Hinblick auf die jüngsten schweren Unwetter in Slowenien und die Klimakrise. Darüber hinaus wurde die EU-Erweiterung am Westbalkan, diplomatische Arbeit vor und nach dem letzten slowenischen Regierungswechsel, die Bedeutung des Schengenbeitritts Kroatiens für Slowenien und die gesamte EU sowie der Krieg in der Ukraine diskutiert. 

Danubius Awards 2022

Danubius Award 2022 to the Bulgarian scientist Prof. Dr. Diana Mishkova, Danubius Mid-Career Award to Ukrainian scientist Assoc. Prof. Dr. Tamara Martsenyuk and Danubius Young Scientist Awards to 13 promising researchers from the Danube region. 

The “Danubius Award” 2022 goes to Bulgarian Prof. Dr. Diana Mishkova, History Professor and Director of the Centre for Advanced Study (CAS) in Sofia, Bulgaria. With her work focusing on modern and contemporary history of Eastern Europe, the modernization of South-Eastern Europe, European societies, and European peripheries as well as national identities, she has contributed profoundly to research on the Balkans. She is o the funding director of CAS Sofia, that is supported by numerous international sponsors, such as the Wissenschaftkolleg Berlin (Institute for Advanced Study Berlin). Prof. Dr. Mishkova has already received several awards for her scientific work and is involved in different international projects – currently in the Horizon 2020 project “PREVEX – Preventing Violent Extremism in the Balkans”.

Ukrainian scientist Assoc. Prof. Dr. Tamara Martsenyuk has been awarded the “Danubius Mid-Career Award” 2022. She is an Associate Professor at the National University of Kyiv-Mohyla Academy. In her studies, she focuses on gender research, social inequality issues, gender policies, social movements, and empowerment. In addition to numerous stays abroad and the participation in international research projects, she also brings her expertise to national policy forums and NGOs. Her research is currently focusing on the topic “Women’s involvement in Russia’s War against Ukraine”. 

 
In addition, 13 young scientists from the Danube Region will be awarded with the Danubius Young Scientist Award 2022 for their scientific work.

By presenting these Awards, the Austrian Ministry for Education, Science and Research (BMBWF) is contributing to the implementation of the EU Strategy for the Danube Region (EUSDR) adopted by the European Council in 2011. Through the awarding of outstanding scientific achievements, the Danube region is made visible as a research area and the perception of its multidisciplinary challenges and potentials is strengthened.

“The Danube Region provides many opportunities for cross-border and regional cooperation among universities as well as research organizations. And there are, indeed, plenty of common challenges along the Danube and beyond which we need to jointly address and develop solutions for Federal Minister for Education, Science and Research Prof. Martin Polaschek pointed out on the occasion of the award ceremony on 10 November 2022 at the University of Maribor.

“The role of scientists and researchers has changed profoundly in the last decade. On the one hand, scientists and researchers are in a high demand to deliver fast results and provide evidence for critical policy decisions, and they have become indispensable in explaining and communicating the current knowledge available. On the other hand, we see a worrying rise in skepticism towards science and research as well as towards democracy in general, which creates a wide range of problems for and in our societies. We need to work together to counter this skepticism, and I am confident that all of you present and especially the awardees of today can and will contribute with their work towards demonstrating and communicating the relevance of science and research“, Polaschek continued.

The award ceremony in Maribor took place in the presence of Barbara Weitgruber, Head of the Department from the BMBWF, and Friedrich Faulhammer, Chairman of the Institute for the Danube Region and Central Europe (IDM).

In her introduction, Barbara Weitgruber highlighted the solidarity with Ukraine as partner country of the EUSDR: “We will continue our support to the Ukrainian researchers, who have come or aim of coming in the EU, as well as to those remained in Ukraine. In addition to that, we hope for an early beginning of the reconstructions, and we are getting ready for appropriate support measures”. 

Friedrich Faulhammer added: “I am really pleased that once again we are working together with the Ministry for Education, Science and Research to honor scientists, who are significantly contributing to the development of knowledge and understanding within the Danube region in their various fields of research. This year, I am particularly pleased that we can also highlight the scientific work of Ukrainian female researchers, as they are currently forced to work under the conditions caused by the unjustified Russian attack on their country”.

The “Danubius Award” was established in 2011 to honor researchers who have outstandingly dealt with the Danube Region in their academic or artistic work. The prize is granted every year on a rotating basis for achievements in the humanities, cultural and social sciences (2022) or in life sciences and is endowed with € 5,000.

The “Danubius Mid-Career Award” is endowed with € 2,200 and has been awarded since 2017 to researchers who are from 5 to a maximum of 15 years after their last formal scientific degree or have equivalent scientific experience. The prize winners were selected by an independent jury of experts chaired by Univ. Prof. Dr. Stefan M. Newerkla (University of Vienna).

Since 2014, special young talent awards, the “Danubius Young Scientist Awards” have also been awarded. The prize, which is open to all disciplines, highlights the scientific work and talent of young researchers and increases the visibility of the excellence of the research community in the Danube Region. In this way, the prizes also contribute to the fact that young scientists deal with the river and the region in a variety of ways. The young talent prizes are endowed with € 1.350, per award winner. The selection was made by an international jury of experts, whereby the candidates for the award were nominated by their respective scientific institutions. 

Austria  Daniela Apaydin  
Bosnia and Herzegovina  Marko Djukanović  
Croatia  Jelena Kranjec Orlović  
Czech Republic  Adela Grimes  
Germany  Jan Schmitt  
Hungary  Blanka Bartos  
Moldova  Nicolae Arnaut  
Montenegro  Miloš Brajović  
Romania  Mihaela Cudalbeanu 
Serbia  Zorana Miletić  
Slovakia  Tibor Zsigmond  
Slovenia  Žane Temova Rakuša  
Ukraine  Illia Diahovchenko  

Watch the Award ceremony below

Parliamentary Elections in Slovenia 2022 / Online Panel 21.4.2022

Panel discussion organised by IDM in cooperation with the Political Academy and the Karl Renner Institute

10:00 Welcome Address
Felix Ofner
, International Secretary at the Political Academy of the Austrian People’s Party

10:10 Briefing on the current situation in Slovenia
Marko Lovec, Associate Professor at the Centre of International Relations of the University of Ljubljana

10:20 Panel Discussion

Primož Cirman, Journalist and Editor-in-chief at Necenzurirano.si, Ljubljana

Marko Lovec
, Associate Professor at the Centre of International Relations of the University of Ljubljana

Tanja Porčnik, President of the Visio Institute, Maribor

Moderation
Daniel Martínek, Research Associate at the Institute for the Danube Region and Central Europe (IDM)

You can join us for the discussion in the premises of IDM (registration under idm@idm.at) as well as to register for the event in the Zoom platform in case you would like to participate in the Zoom webinar. You can also follow the event via Livestream on YouTube.

Zoom registration

YouTube Livestream

Read below everything you need to know about the parliamentary elections in Slovenia in the briefing written by Marko Lovec.

  • Beginn: Donnerstag, 21. April 2022, 10:00 Uhr
  • Ende: Donnerstag, 21. April 2022, 11:30 Uhr
  • Ort: Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM)
  • Adresse: Hahngasse 6/1/17, 1090 Wien
  • Auskunft: Daniel Martínek
  • Auskunft E-Mail: d.martinek@idm.at
  • Auskunft Telefonnummer: +43 1 319 72 58 17
  • Anmeldung: Zoom Webinar / idm@idm.at
  • Anmeldung unter: idm@idm.at (for onsite participation)

The whole discussion is available on the YouTube channel of the IDM:

Parlamentswahl in Slowenien 2022

Slovenia-Parliamentary-Elections-2022-Briefing-1

The whole discussion is available on the YouTube channel of the IDM:

Parliamentary Elections in Slovenia 2022

 

An online panel discussion organised by IDM in cooperation with the Political Academy and Karl Renner Institute

Welcome Address

Felix Ofner, International Secretary at the Political Academy of the Austrian People’s Party

 

Briefing on the current situation in Slovenia Marko Lovec, Associate Professor at the Centre of International Relations of the University of Ljubljana

 

Panel Discussion:

Primož Cirman, Journalist and Editor-in-chief at Necenzurirano.si, Ljubljana

Marko Lovec, Associate Professor at the Centre of International Relations of the University of Ljubljana

Tanja Porčnik, President of the Visio Institute, Maribor

 

Moderation:

Daniel Martínek, Research Associate at the Institute for the Danube Region and Central Europe (IDM)

Studie 1/2007 – Balkankompetenz in Österreich – Aktivitäten österreichischer Institutionen in Südosteuropa