An Empty Promise to the Western Balkans? 20 years into the Thessaloniki Summit

 

“70 Years IDM – Locating the Future” in Budapest:

An Empty Promise to the Western Balkans?  
20 years into the Thessaloniki Summit  

Keynote Speech:

by

Viktor ESZTERHAI,

Research Director of the HIIA

Followed by a discussion

with

Strahinja SUBOTIĆ 

Programme Manager and Senior Researcher of the European Policy Centre 

Sebastian SCHÄFFER 

Managing Director of the Institut für den Donauraum und Mitteleuropa  

Ferenc NÉMETH 

Program Manager and Research Fellow of the Hungarian Institute of International Affairs 

Moderator: 

Julianna ÁRMÁS 

Research Fellow of the Hungarian Institute of International Affairs 

The event was held on 

23 May 2023 (Tuesday) at 15:00 (CEST) 

The venue of the event: 1062 Budapest, Bajza str. 44. Baruch palace. 

For more information check out An Empty Promise to the Western Balkans? 20 years into the Thessaloniki Summit

Ein Interview mit Daniela Apaydin über Herbert Kickls Träume einer Orbanisierung Österreichs, bei PULS 24

FPÖ-Chef Kickl bezeichnete Viktor Orbáns Ungarn kürzlich als “Vorbild”. Doch was würde das bedeuten? Wie hat der “Orbánismus” Ungarn verändert? Drei Expertinnen warnen.

“Was die FPÖ mit ‘Vorbild Orbán meint, haben wir im Ibiza-Video gesehen. Es gehe um die politische Kultur, wie man mit der Opposition umgehe, wie der Parlamentarismus zum “Bühnenstück” verkommt und darum, wie man mit Dauerwahlkampf Stimmung für sich macht. Ein Vorbild für Populisten also.

Die FPÖ habe mit Orbán zudem ideologische Überschneidungen: Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Familienpolitik. Es gehe den Blauen bei Auftritten mit Orbán aber auch darum, jede Bühne zu nutzen, sich bei Terminen mit Staatsoberhäuptern zu profilieren und sich als Regierungspartner ins Spiel zu bringen”

sagt Daniela Apaydin.

Das vollständige Interview können Sie hier lesen.

Michelkirche, Ukraine, Kyjiw, Krieg, Reisebericht

Vor 100 Jahren in der Zukunft

Anlässlich unserer regionalen Initiativen im Rahmen des 70jährigen Jubiläums des IDM reiste unser Geschäftsführer Sebastian Schäffer Ende April nach Kyjiw. Dort wurde er unter anderem Zeuge von Luftangriffen. Seine Erlebnisse während der Reise hat er in einer interaktiven Story Map zusammengefasst

Vollbild

 

Volltext:

Ich scanne mit meinem Mobiltelefon den QR-Code auf dem Tisch in einer Mikrobrauerei am Andreassteig in Kyjiw, um einen Blick in die Speisekarte zu werfen. Plötzlich schrillt eine Sirene und ein Banner erscheint auf meinem Display : „Air alert! There is air alert in Kyiv. Proceed to shelter!”

„War das echt?“, fragt mich die Person, die mir gegenüber sitzt. Es ist nicht der erste Alarm an diesem Tag und ganz generell hat sich auch eine gewisse Indifferenz bei ihr eingestellt. „Ja“, antworte ich und spüre dabei, wie mein Herzschlag deutlich an Frequenz zunimmt. „Ah jetzt sehe ich es auch.“ Sie hat die App seit ein paar Wochen stummgeschaltet. Das ständige Suchen nach jeder noch so kleinen Information nach den unzähligen Luftalarmen im Herbst und Winter haben einen hohen Zoll für die mentale Gesundheit gefordert. „Was machen wir?“, schaut sie mich erst fragend an und lässt dann den Blick durch den Raum schwenken. Meiner folgt ihrem. Keine Aufregung, eher genervte Augen die auf Telefone blicken. Auch hinter der Fensterscheibe auf dem Kopfsteinpflaster ist keine gesteigerte Hektik zu erkennen. „Bier bestellen?“ – „Ok.“

Kraków Główny 

Drei Tage früher fast genau zur gleichen Zeit steige ich in Krakau in einen Zug Richtung Przemyśl. Von der polnischen Grenzstadt, die inzwischen wahrscheinlich bekannter ist als es ihr lieb ist, geht es dann weiter nach Kyjiw. Insgesamt 14,5 Stunden für knapp 860 km, das ging auch schon vor 100 Jahren schneller. Dabei spare ich mir eh einen Teil der Gesamtdistanz von Wien, weil ich bereits zwei Tage an einer Konferenz in Krakau teilgenommen habe. Der Reisetag ist dadurch aber auch extrem lang. Mein 70-Liter Rucksack wird mir in kürzester Zeit schwer auf den Schultern. Ich habe ein Versprechen gegeben, die abgelaufenen Mitbringsel aus dem letzten Jahr zu ersetzen und endlich zu meinem Freund in die ukrainische Hauptstadt zu bringen. Ursprünglich wäre ich am 21. Februar 2022 zu ihm geflogen, habe mich dann aber nicht getraut. Natürlich muss ich das jetzt überkompensieren und habe damit fast Übergepäck. Es würde aber auch niemanden stören, ein Vorteil im Vergleich zum Flug.

Przemyśl

Es nieselt, als ich aus dem leicht verspäteten Intercity der polnischen Eisenbahnlinien PKP steige. Es ist dunkel und auf den ersten Blick nicht zu erkennen, in welcher Richtung sich der Ausgang befindet. Ich folge einfach den vielen scheinbar routinierten Leuten, die sich zielstrebig nach links bewegen. In der Bahnhofshalle dann Helfer*innen mit gelben Westen und Personen in Tarnfarben mit polnischer Fahne am Ärmel. Ich bin unsicher, was ich tun muss, komme aber mit meiner Frage auf Englisch nicht sehr weit. Die von mir angesprochene Gelbwestenträgerin fragt daher auf Polnisch in die Runde, ob hier nicht jemand Englisch spricht. Eine ukrainische Teenagerin, die mit ihrer Mutter reist, bietet sich sofort an. Dank ihrer Hilfsbereitschaft sowie meines bruchstückhaften Ukrainisch weiß ich nun, dass ich nur mit Fahrkarte in die Ukraine den Warteraum links betreten darf und ich mich 40 Minuten vor Abfahrt hinten bei einem abgetrennten Bahnsteig einfinden soll. Bevor ich mir einen Stempel hole, der ermöglicht, nicht jedes Mal die Fahrkarte vorweisen zu müssen, wenn man sich zu den anderen wartenden Personen setzen möchte, will ich sehen, ob ich noch etwas zu essen finde.

In dem direkt am Bahnhofsvorplatz gelegenen Imbiss mit einheimischen Spezialitäten lässt sich trotz Türklingel, die automatisch bei meinem Betreten ausgelöst wird, niemand blicken. Ich verstehe den Hinweis und suche nach Alternativen. Inzwischen regnet es richtig und ich trage meine Überkompensation auf den Schultern.  Zumindest Wasser sollte ich mir organisieren. Zum Glück trage ich Funktionskleidung und ziehe mir die Kapuze über den Kopf. Vorbei an dem Hotel, in dem ich bei der Rückfahrt übernachten werde, ein wenig bergauf zu einer Kreuzung, wo der Deutsche in mir trotz des kaum vorhandenen Verkehrs an der roten Ampel Halt macht. Ein polnischer Kiosk namens Żabka, an dem man auch noch spätabends Grundnahrungsmittel bekommt, befindet sich auf der anderen Straßenseite. Ich erkenne, dass meine Sitznachbarin aus dem Intercity an der Apotheke um die Ecke abbiegt. Sie hatte abgepackte Nüsse dabei und wirkte allgemein wesentlich besser vorbereitet als ich, weshalb ich davon ausgehe, dass sie nicht so ziellos umherläuft wie ich. Tatsächlich sind in der Straße ein paar Restaurants. Ich entscheide mich für die Pizzeria. Keine gute Wahl. Es ist schließlich schon fast halb zehn, die Küche ist schon kalt, schließlich schließt man um 22:00 Uhr. Auf die Frage, ob ich noch etwas zu trinken bekommen kann, dreht sich die Kellnerin kurz zur Bar und verneint anschließend. Geschickt weicht sie auch aus als ich frage, ob ich zumindest die Toilette benutzen dürfte. Sie deutet nach draußen und sagt mir dann nach links. Ihr Daumen zeigt dabei auf das WC-Schild hinter ihr. Mamma Mia. Die Ironie lässt mich schmunzeln und ich schultere wieder meinen Rucksack. Wie schon an so vielen Abenden zuvor rettet schließlich der Dönerladen meine Gesamtsituation.

Zurück in der Bahnhofshalle sitze ich auf einem der zusätzlich aufgestellten Sessel und versuche die Geschichten hinter den müden Gesichtern zu erraten. Viele Mütter mit Kleinkindern bis Teenager, einige ältere Menschen, kein einziger erwachsener Mann im wehrpflichtigen Alter. Außer mir. Gegen 22:50 Uhr gehen Mutter und Tochter, die mir bei der Ankunft Auskunft gegeben haben, an mir vorbei und lächeln mich an. Ich lächle zurück und mache mich ebenfalls auf den Weg. Wir stehen gemeinsam in der Schlage, die sich von einem Gebäude ins nächste schlängelt. Daneben ein Zelt der Caritas. Der Regen ist wieder zu einem Nieseln geworden. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es hier im Winter gewesen sein muss. Wir wechseln kein Wort, was insbesondere meinen Kopfhörern geschuldet ist, tauschen aber hin und wieder Blicke und Gesten aus. Ich passe auf den Rollkoffer auf, als beide kurz verschwinden. Die Größe ist im Vergleich zu meinem Rucksack geradezu lächerlich klein, was entweder eine gewisse Regelmäßigkeit der Reise vermuten lässt, oder einen Kurztrip. Die Routine im Ablauf sowie die vergleichsweise gute Laune lässt mich zu Ersterem tendieren.

Um 23:40 Uhr bin ich endlich im Zug. Zehn Minuten vorher war die geplante Abfahrt und ich stand noch in der Halle mit den Grenzkontrollhäuschen. Draußen fuhr ein Zug der ukrainischen Bahn vorbei und mein Herzschlag setzte kurz aus. Dann erinnerte ich mich an einen anderen Reisebericht, in dem stand, dass der Zug erst losfährt, wenn alle durch die Kontrolle gegangen sind. Im Vergleich zu meinen sonstigen Reisevorbereitungen habe ich mich durchaus ausführlicher mit dem Ablauf beschäftigt. Trotzdem wollte ich auch irgendwie nicht zu viel darüber nachdenken. Möglicherweise aus Angst vor der eigenen Courage. Je näher die Reise kam und ich mit Personen über meinen Plan nach Kyjiw zu fahren sprach – unabhängig davon, ob sie das schon selbst gemacht hatten oder nicht – desto nervöser wurde ich. Meine Frau findet ganz grundsätzlich, dass es eine dumme Idee war, kennt mich aber lange genug, um zu wissen, dass mich fast nichts abhalten kann, wenn ich mir etwas richtig in den Kopf gesetzt habe. Und erst recht nicht, wenn ich das in einem publizierten Buch aufgeschrieben habe.

Als ich in meinem Wagon ankomme, ist mein Platz besetzt. Drei Generationen einer Familie. Statt am Fenster sitze ich jetzt eben am Gang, und statt neben der Mutter nun neben der Tochter, damit die Großmutter sitzen bleiben kann. Wir tauschen uns kurz aus und ich biete ihr die Nüsse an, die ich inzwischen besorgt hatte. Sie lehnt ab und holt ihr Handy hervor. Genervt blickt sie auf die Uhrzeit und mir ist das natürlich sofort sympathisch. Zwei Minuten vor Mitternacht setzen wir uns in Bewegung, 28 Minuten Verspätung schon zu Beginn. Als ehemaliger Bahn.Bonus-Status-Besitzer weiß ich, was das in Deutschland bedeuten würde. Bei der Abfahrt macht meine Sitznachbarin tatsächlich die Becker-Faust und ich muss mich sehr zusammenreißen nicht laut loszulachen.

Lwiw

Um genau 0:25 Uhr überqueren wir die Grenze und ich bin zum ersten Mal seit Oktober 2019 wieder in der Ukraine. Knapp eine Stunde später erreichen wir Lwiw. Es ist 02:30. So viele schöne Erinnerungen an diese Stadt kommen zurück. Wie es jetzt wohl sein mag? Ob es all die unterschiedlichen Themenrestaurants noch gibt? Die Kaffeemine. Die Brauerei, die das Bier „Frau Ribbentrop“ herausgebracht hat. Die betrunkene Kirsche. Ich hatte überlegt, einen Stopp auf der Reise einzulegen. Aber das Programm war eh schon voll, ich muss das einfach zu einer anderen Gelegenheit herausfinden. Eine andere Geschichte zur Stadt erzählte mir der Vater meines Freundes, für dessen Geburtstag ich auch nach Kyjiw reise. Im Zuge der vollständigen Invasion durch die Russische Föderation fuhren sie im März 2022 nach Westen, um sich in Sicherheit zu bringen. Nachbar*innen aus Kyjiw informierten ihn, dass die Druckwelle einer Raketenexplosion die Fenster in seiner Wohnung zwar nicht bersten hat lassen, diese aber aufgedrückt hätte. Leider waren seine direkten Nachbar*innen, die seinen Schlüssel hatten, ebenfalls geflohen. Also ließ er ihn in Lwiw nachmachen und schickte ihn mit der Nova Pošta in die Hauptstadt. Einen Tag später konnten die Fenster geschlossen werden. Insgesamt schauen die Leute nun viel mehr aufeinander, auch wenn man vorher kaum etwas miteinander zu tun hatte, schließt er seine Geschichte.

Wesentlich weniger interessant ist dann meine Weiterfahrt. Einfach weil es dunkel ist. Normalerweise schlafe ich sehr schlecht in sich bewegenden Objekten. Meistens nur dieser Sekundenschlaf, nach dem man noch geräderter aufwacht. Dieses Mal geht es aber erstaunlich gut. Zumindest immer wieder am Stück. Zugegeben: Ich habe ein Erste-Klasse-Ticket gebucht, man hat großen Abstand zwischen den Sitzen und nicht jede Bewegung der Mitreisenden weckt einen auf. Es geht auch ohne Reservierung des Nebenplatzes, zu der man mir geraten hatte, um sich ein wenig ausstrecken zu können. Es gibt genug Platz für die Füße im IC+ und sich quer über die Sitze legen würde aufgrund der Abstände auch nicht wirklich gut funktionieren. Wer wirklich liegen möchte, sollte lieber gleich die Verbindung mit Schlafwagen nutzen. Wer oft aufstehen muss, sollte lieber den Gangplatz wählen, die linken Sitze in der Buchungsmaske stehen (meist) in Fahrtrichtung nach Kyjiw, rechts dann bei der Rückfahrt. Die Buchung fand ich sehr einfach, gerade im Vergleich zur polnischen PKP. Leider kann ich die App der Bahngesellschaft Ukrzaliznycja nicht nutzen, weil dafür eine ukrainische Mobilnummer notwendig ist. 20 Tage vor Abfahrt kann man die Tickets buchen. Inzwischen sogar eine Direktverbindung von Wien, die nach knapp 24 Stunden über Budapest und Lwiw nach Kyjiw fährt.

Kyjiw

Zwei Minuten vor der geplanten Ankunft um 10:06 Uhr halten wir in Kyjiw-Pasažyrskyj. Ich bin zwar müde, aber sehr glücklich meinen Freund am Ende der Treppe zu sehen. Weder auf der Fahrt noch jetzt, da ich angekommen bin, stellt sich ein Gefühl der Angst ein. Ich war unsicher geworden. Insbesondere nach einem Gespräch, in dem mir illustriert wurde, dass zwar bisher noch keine Züge getroffen wurden, aber es ja durchaus passieren kann, gerade wenn man über eine Brücke fährt, zum Beispiel. Außerdem wären ja Waffentransporte ein militärisches Ziel und die erfolgen auch mit Zügen. Aha. Na Danke für diesen Gedanken. Als ob Putin zwischen zivil und militärisch unterscheiden würde. Auf jeden Fall ist es, wie eine ukrainische Kollegin mir in einem Gespräch mitgeteilt hatte. Manchmal sieht es von der Ferne gefährlicher aus, als wenn man nahe dran ist.

Irpin

Das gilt allerdings nicht für tatsächliche geschehene Grausamkeiten. Nach einer Dusche und nachdem mein Freund und ich versuchen, uns die vergangenen dreieinhalb Jahre, in denen wir uns nicht persönlich gesehen haben, zusammenzufassen, fahren wir auf seinen Vorschlag nach Irpin. Er erzählt mir, dass es schon wesentlich mehr wiederaufgebaut ist als seit seinem letzten Besuch. Dennoch ist es bedrückend und mit Worten nur schwer zu beschreiben.

Kyjiw

Reinfeiern in den Geburtstag meines Freundes in einer Bar geht aufgrund der Sperrstunde um 24:00 Uhr nicht. Neben den Bildern aus Irpin auch immer eine Erinnerung an die Tatsache, dass man sich in einem Land im Kriegszustand befindet. Sonst könnte man es auch leicht vergessen. Das Restaurant, in dem wir Abendessen, ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Karte wird auch hier über den QR-Code abgerufen. Und darüber kann man auch bezahlen. Dabei hatte ich mich so gut vorbereitet auf Ukrainisch um die Rechnung zu bitten. Am nächsten Tag gehen wir dann für das geplante Geburtstagsbarbecue einkaufen. Im Baumarkt besorgen wir Kohle, gleich am Eingang sind unterschiedliche Modelle von Generatoren erhältlich. Alle reduziert. Ich werte das als gutes Zeichen. Tatsächlich gab es seit Anfang März keine Raketenangriffe mehr, Stromausfälle selten und die Unterteilung des Tages in Einheiten mit Elektrizität und ohne ist nur noch eine Geschichte, die mir ein Kollege am nächsten Tag nach unserer gemeinsamen Veranstaltung erzählt.

Der Abend wird ganz wunderbar. Es gibt viel zu Essen, das wir auf dem Markt besorgt haben. Bier, Wein, Whiskey. Musik, Gesang und lustige wie traurige Geschichten. Rechtzeitig vor der Sperrstunde wird das neue Album von The National veröffentlicht, sodass wir es noch in der Runde hören können. Leider müssen die letzten Gäste aber dann gegen 23:30 Uhr gehen. Und da ist sie wieder die Erinnerung. Kriegszustand. Und nur, damit wir es nicht vergessen, gibt es um 04:01 Uhr Luftalarm.

Letztendlich ist es genauso unspektakulär wie dieser Satz. Meine App löst nicht aus, weil mein Telefon im Schlafmodus ist. Ich bin offensichtlich wirklich nicht gut vorbereitet. Mein Freund weckt mich leise und flüstert fast: „Du könntest ein paar Explosionen hören.“ Er hat es kaum ausgesprochen, schon gibt es unnatürliche Geräusche und einen Knall. „Müssen wir etwas tun?“, frage ich nicht nur schlaftrunken. „Ich denke nicht.“ IRIS-T SLM, oder ein anderes Luftverteidigungssystem, regelt das tatsächlich. Gegen 6:25 Uhr gibt es Entwarnung. Leider ist es nicht für alle so glimpflich ausgegangen. In Uman trifft eine Rakete ein Wohnhaus. Tote und Verletzte. Freund*innen, Kolleg*innen und meine Familie schreiben mir. Es schafft es also auch in internationale Medien. Im Nachhinein Berichte darüber zu lesen trifft mich nochmal anders. Die Direktorin des Instituts, mit der ich das Event später um 11:00 Uhr organisiere, entschuldigt sich, dass ich das erleben musste. Ich antworte, dass es für mich einmal so war, für sie aber seit 14 Monaten so ist. Dennoch muss ich in meinen Eröffnungsworten natürlich darauf Bezug nehmen. Unser Thema dreht sich letztendlich auch um Sicherheit.

Während der Fahrt von Teremky, der Endstation der blauen Metrolinie, in deren Nähe ich übernachte, nach Majdan Nezaležnosti Matt Berningers Stimme auf den Ohren zu haben verursacht Gänsehaut. Ganz echte, sichtbare und nicht nur eine Phrase, die ich sonst über ein für mich besonderes Lied oder Album auf Sozialen Medien posten würde. Ich werde abgeholt. Also von einem Kollegen, nicht nur von den Liedern. Es ist nicht so einfach sich im Labyrinth der Station zu finden. Außerdem hat sie erst kürzlich wieder geöffnet. Die verzweigten Tunnel ermöglichen einen direkten Zugang zum Präsidentenpalast. Wir gehen nicht wie bei meinem letzten Besuch am Michaelsplatz die ebenfalls nach Michael benannte Straße hinauf, sondern parallel dazu zum Institut für Philosophie der ukrainischen Akademie der Wissenschaften, in dessen Gebäude sich die Büros unserer Kooperationspartner*innen befinden.

Im Gebäude grüßt der Portier jovial. Im vierten Stock ist es dann ernster, dort befinden sich Polizei und Militär auf einem Kontrollgang. Aus dem Fenster hat man eine ideale Schusslinie auf das St. Michaelskloster. Die slowakische Präsidentin und der tschechische Präsident sind in der Stadt. Unser Event ist natürlich von den aktuellen Ereignissen geprägt, es ergibt sich aber eine, wie ich finde, sehr spannende Diskussion, die sehr offen und ehrlich geführt wird. Zudem beteiligen sich auch die Teilnehmer*innen im Webinar mit interessanten Fragen. Es gerät fast in den Hintergrund, dass es sich auch um eine Veranstaltung im Rahmen unserer 70-Jahre-IDM Aktivitäten handelt, was ja einer der Hauptgründe für meine Reise ist.

Anschließend gehe ich mit den beiden Mitarbeiter*innen des Ukrainian Institute for International Politics (UIIP) auf einen Spaziergang durch das Viertel. Entlang an der „Memory Wall“, an der die gefallenen Soldat*innen seit 2014 mit Bildern verewigt werden. Die Wand musste bereits zweimal erweitert werden. Es hört und hört nicht auf. Ich merke wie sich ein Klos in meinem Hals bildet. Als ich auf das Geburtsdatum eines Soldaten schaue und 2001 lese muss ich hörbar einatmen. So jung, so tapfer, aber auch so unnötig. Wofür? Vor der Diplomatischen Akademie der Ukraine dann eine Ausstellung einiger russischer Panzer sowie beschossene Autos, ein Anblick, den ich schon aus Irpin kenne. Dahinter drei Sandsacktürme. Sie schützen das Denkmal der Fürstin Olga, an das ich keine Erinnerung von meinem letzten Besuch habe. Ich war mir sicher, die Demonstration, die ich im April 2019 dort aus dem Fenster beobachtet hatte, fand auf einem leeren Platz statt.

Wir machen einen Halbkreis zurück in Richtung St. Michaelskloster. An mehreren aufgestellten Wänden sind Bilder aus Warschau 1944 und daneben aus Mariupol 2022 aufgereiht, die ähnliche Motive zeigen. Zerbombte Häuser, brennende Gebäude, Leichensäcke, erschossene Personen. Die Konstruktion schwankt gefährlich im Wind, vielleicht sind es aber auch meine Knie, die nach diesem visuellen Schlag in die Magengrube drohen nachzugeben. Wir setzen unseren Spaziergang fort, auch wenn mir das Wort unpassend erscheint.

Ich versuche von meinen beiden Begleiter*innen herauszufinden, wie sie die letzten Monate erlebt haben und wie sie mit der Situation umgehen. Wir erreichen die Brücke, die den Wolodymyr-Hügel und Chreschtschatyi Park verbindet. Diese wird im Volksmund auch Klitschko-Glas-Brücke genannt, weil die beiden ehemaligen Boxer-Brüder zur Eröffnung auf dem Plexiglas herumgesprungen sind, um die Stabilität der Struktur zu bestätigen. Mein Begleiter wartet nur darauf, dass ich auch darauf trete, um mir dann zu erzählen, dass die Brücke von einer Rakete beschädigt wurde. Während aus meinem Gesicht die Farbe weicht, muss er herzlich lachen. Natürlich hat man die Schäden umgehend beseitigt, was er mir allerdings erst nach einer kurzen dramaturgischen Pause sagt. Resilienz und Innovation. Ersteres bewiesen durch den Umgang mit den Grausamkeiten des Krieges, von Letzterem werde ich unmittelbar danach ebenfalls Zeuge. Eine Frau macht ein Foto von uns, geht zu ihrem Laptop, druckt eine Zeitungstitelseite aus und gibt sie uns. Die Bezahlung erfolgt mit einer App, in der man den Code der Dame eingibt. Das Ganze dauert keine fünf Minuten und wir haben nicht nur für einen guten Zweck gespendet, sondern auch eine Erinnerung an unseren Ausflug.

Durch den Freiheitsbogen des ukrainischen Volkes gehen wir zurück zum Majdan, auf dem die Tulpen blühen. Dieses Mal geht es die Michaelstraße hinauf, vorbei am Außenministerium zu dem Restaurant, in dem der Gewinner von Master Chef Ukraine kocht. Ich esse den wahrscheinlich besten Borschtsch meines Lebens, kann ihn nur nicht bezahlen, weil meine Bank mir wahrscheinlich nicht glaubt, dass ich mit meiner Karte in der Ukraine bin. Dankenswerterweise springt eine Kollegin ein und wir machen uns den Andreassteig entlang auf die Suche nach einer Möglichkeit Geld zu wechseln, damit ich meine Schulden begleichen kann. Wir kommen am Mykola-Hohol-Denkmal vorbei, das ebenfalls mit Sandsäcken umgeben ist, nur sein Kopf schaut heraus. Warum dieser nicht geschützt wird, erschließt sich mir nicht. Wir werden schließlich an dem Platz fündig, auf dem ich vor ein paar Jahren das zweifelhafte Vergnügen hatte in das Zibertfest zu platzen. Ein Bierfest, das so tut als würde es im September in München stattfinden, dann aber die Maßkrüge aus Zwei-Liter-Plastikflaschen füllt. Jetzt steht dort ein Riesenrad. Vielleicht war es auch damals schon da. Ein fotografisches Gedächtnis habe ich schon mal nicht.

Ich bin im Anschluss mit zwei Ukrainerinnen verabredet, die im April 2022 kurzzeitig bei mir wohnten, während sie auf ihr Visum für das Vereinigte Königreich warteten. Sie sind schon länger wieder zurück in Kyjiw. Wir wollen uns in einem Café treffen. Als ich durch die Eingangstüre gehe, habe ich kurz das Gefühl durch ein Portal direkt in ein hippe Kaffeemanufaktur im Berliner Prenzlauer Berg zu treten. Es ist kein Platz frei, wir haben nicht reserviert. Ich schaue mich um, vielleicht sind sie ja schon da. Ich erblicke ein bekanntes Gesicht, mein Gehirn braucht etwas länger, um den Netzhautreiz zu verarbeiten. Ich winke schon fast, als ich realisiere, dass es sich nicht um eine meiner Bekannten handelt. Es ist meine Sitznachbarin aus dem Zug von Krakau. Bevor sie noch den Eindruck bekommt, dass ich sie stalke, mache ich auf dem Absatz kehrt und koordiniere einen neuen Treffpunkt. Es ist nicht einfach in der Umgebung etwas mit freien Plätzen zu finden, was ich generell wieder als gutes Zeichen werte. Wir sitzen aufgereiht an einer Bar, die viel zu viel Auswahl an Bier in viel zu kleinen Gläsern ausschenkt, und unterhalten uns. Eigentlich spricht hauptsächlich eine von uns. Vielleicht als Berufskrankheit, sie ist Lehrerin. Aber ich habe sie auch seit einem Jahr nicht mehr gesehen, während ihre Cousine dazwischen öfter in Wien war und dabei auch mich besucht hatte. Die Pädagogin muss noch ihren Unterricht vorbereiten, und verabschiedet sich. Ihre Cousine und ich beschließen weiterzuziehen. Sie kennt da eine Mikrobrauerei.

Und damit sind wir wieder am Anfang dieses Reiseberichts angekommen. Nach knapp einer Stunde gibt es Entwarnung. Ich bestelle noch ein Bier und Snacks dazu. Unsere Gespräche drehen sich um durchaus schwere Themen, doch der Krieg ist keines davon. Geht das überhaupt? Wahrscheinlich muss es sogar. Es ist wie bei so vielen Dingen, niemand will auf nur eine Sache reduziert werden. Und das Leben geht weiter. Auch wenn über dir die Luftverteidigung arbeitet. Wir fahren noch zwei Metro-Stationen gemeinsam, am Ploschtscha Lva Tolstoho verabschieden wir uns mit einer Umarmung und dem Versprechen, uns bald wieder zu sehen.

Gleiches Prozedere, nur mit anderen Personen am nächsten Tag am Bahnhof. Ein letzter Blick zum Abschied und Hände, die winken. Unvermeidlich der Gedanke, den man sonst nicht unbedingt bekommt. Es gibt dieses Video, in dem die einfache, aber eindrucksvolle Rechnung aufgemacht wird, wie oft man seine Eltern im Leben noch sehen wird. Gerade, wenn man weiter voneinander entfernt lebt, reduziert sich diese Zahl dramatisch. Meine Sicht verschwimmt. Regen prasselt an die Scheiben des anfahrenden Zugs. Wasserballonaugen.

Ich benötige mehr als die Hälfte der Fahrt nach Przemyśl bis ich auch nur ein Wort aufgeschrieben habe. Mir fällt kein Einstieg ein, ganz zu schweigen von einem Titel. Während an mir die Landschaft vorbeizieht, haben meine Gedanken wahrscheinlich zum ersten Mal seit Tagen die Möglichkeit einfach nur zu wandern. Und dann kommt es ganz plötzlich. Den Rest der Fahrt verbringe ich fast manisch damit das Erlebte niederzuschreiben. Ein Wettlauf. Kommt meine Geschichte oder der Zug zuerst über die Grenze? Wir erreichen erneut pünktlich unser Ziel. Auch mein Ringen mit den Worten ist in Przemyśl angekommen. Allerdings erst bei der Hinfahrt. Ich werde aber noch ausreichend Zeit bekommen, sie zu Ende zu schreiben, bevor ich zurück in Wien sein werde.

Welcome to Europejski / Dobry wieczór, my z Europy

Wir dürfen eine halbe Stunde lang nicht aussteigen. Das ist aber weniger schlimm als der 15-minütige Halt kurz nach der Grenze, weil ich mich da nicht mit dem polnischen Mobilfunknetz verbinden konnte und so komplett abgeschnitten von der Welt war, da meine mobilen Daten für das ukrainische Netz schon in Lwiw aufgebraucht waren. (Oder wie die zu diesem Zeitpunkt noch vor mir liegende Rückreise von Krakau nach Wien, die dank Flugausfall und fehlender Kooperation von Austrian Airlines, genauso lange gedauert hat wie die beiden Zugfahrten Przemyśl-Kyjiw und Kyjiw-Przemyśl, aber dieser Treppenwitz ist eine andere Geschichte…). Dann wieder anstehen in der Kontrollhäuschenhalle, nur jetzt von der anderen Seite. Da ich einer der wenigen mit EU-Pass in der Schlange bin, wird die mit dem EU-EWR-CH-Schild gekennzeichnete Kabine für alle geöffnet. Soll mir recht sein, ich habe es nicht eilig, weil ich die Nacht im Przemyśl verbringen werde und bereits einen ungefähren Eindruck habe, welche Art von Zimmern mich erwartet. Meinen Rucksack muss ich danach noch in einen Scanner schieben, nur sitzt am anderen Ende niemand, um das Röntgenbild anzusehen. Dann hätte ich das ganze Essen gar nicht aufessen müssen. Ein wenig wiederholen sich ja ständig Dinge auf dieser Reise.

Auf jeden Fall komme ich wieder durch die Bahnhofshalle und wer steht hinter dem Welcome-Desk? Die Gelbwestenträgerin von der Hinfahrt. Ich freue mich sehr, dass ich ausgerechnet ihr meine übrigen Hrywnja in die Hand drücken kann, aber sie deutet nur auf die andere Seite, wo sich die Ticketschalter befinden. Ich sage ihr lachend, dass ich das Geld gerne spenden würde und bevor sie wieder jemanden sucht, der mein Englisch versteht, drehe ich mich um und gehe in das Hotel Europejski.

Es bleiben zahlreiche Eindrücke und auch ein paar neue Erfahrungen. Nicht alle davon muss man machen. Ich habe auch Neues gelernt. Zum Beispiel, dass mit Bajraktarschtschina ein eigenes Wort für die teilweise absurde Verwendung ukrainischer Kriegssymbole und patriotischer Memes existiert. Dies ist angelehnt an die türkische Drohne Bayraktar, die insbesondere durch die ukrainische Armee zum Einsatz kommt. Es verfestigt sich aber auch eine Erkenntnis, die ich bereits zuvor hatte: In meinen Gesprächen mit Ukrainer*innen benutzen sie immer wieder das Wort Europa synonym mit der EU. „Wenn ich nach Europa fahre.“ Dass dieses Hotel genau diesen Namen trägt, mich aber eher an das Student*innenwohnheim im russischen Saratow erinnert, in dem ich für eine Konferenz mal übernachtete, ist schon sehr symbolisch. Weil das eben alles Europa ist. Ich habe auf jeden Fall nicht das Gefühl nach Europa gefahren zu sein. Ich war schon die ganze Zeit da.

Sebastian Schäffer – “It will be a day of celebration for Ukraine, Europe, and the whole world”

“Both the visit of Ursula von der Leyen as well as the declaration to celebrate Europe Day instead of Victory Day on 9 May in Ukraine are symbolic.”

Sebastian Schäffer told this to EDnews whilst commenting statement made by Ursula von der Leyen and a decree signed by President of Ukraine Volodymyr Zelensky, according to which May 9 is declared Europe Day in the country instead of Victory Day.

Read the whole interview here.

 

Call for Papers – The Annual Conference of the Romanian Centre for Russian Studies

 

The Romanian Centre for Russian Studies (University of Bucharest)

The Fridtjof Nansen Institute (Oslo)

The Institute for the Danube Region and Central Europe (Vienna)

are pleased to invite you to

The Annual Conference of the Romanian Centre for Russian Studies:

20 Months After the Russian Invasion in Ukraine.

What Has Been Done, What Needs to Be Done in the Near Future, What Can Be Learned from the Past?

November, 9th-11th 2023

University of Bucharest, Romania

The Russian invasion of Ukraine, launched on February 24th 2022, triggered a consistent humanitarian, financial, and military response from the EU and the NATO members, as well as from other countries around the world.

The international assistance has played an important role in the Ukrainian resistance against Russian aggression, even though the received aid did not always meet expectations. A consistent aid for Ukraine, be it humanitarian, financial, or military will also be needed after this long conflict. The outlook and conditions for further integration of Ukraine in the EU and NATO is already on the international agenda.

The first conference organised by the Romanian Center for Russian Studies of the University of Bucharest and the Fridtjof Nansen Institute in Oslo on November, 3rd-5th 2022, gathered more than 42 scholars from 11 countries who engaged in an in-depth discussion about the geopolitical challenges of Russian aggression in Ukraine.

The second conference scheduled on November, 9th-11th 2023, aims at providing a platform for qualitative and quantitative analyses of the assistance and support given to Ukraine since the full-scale invasion and also to discuss the outlook and conditions for further integration of Ukraine in the EU and NATO based on the experience from integration of other East European countries and former Soviet republics. The conference will  bring together senior specialists as well as emerging scholars. The format will be a combination of paper presentations and discussion panels.

The Conference Committee welcomes papers, theoretical or empirical contributions, related to the following topics:

  • Promises, constraints, and deliveries in military aid to Ukraine after the Russian invasion
  • International mobilisation towards Ukraine’s economic and humanitarian aid: qualitative and quantitative analyses
  • The enlargement of the EU from 1994 onwards: Lessons for Ukraine
  • Integration of new members in NATO: Lessons learned
  • EU and NATO cooperation: what has been done, what needs to be done
  • Changes in the Northern European mindset about Russia and European order
  • New challenges and strategic projects in the Black Sea Region
  • Russian energy exports to Europe: political significance and outlook
  • The Republic of Moldova: a potential target of Russia?
  • Strategies, tools, and agents of Russian propaganda in Western countries
  • Ukraine`s refugees – integration policies and public perceptions
  • The war in Ukraine: specific strategic challenges and possible opportunities for East European countries
  • Rethinking the history of Eastern Europe: past and present approaches
  • Peace in Ukraine – any horizon?

Special Session

On the 5th of December 2023, our partner, the Institute for The Danube Region and Central Europe (IDM Vienna) celebrates 70 years. To mark the anniversary, we will organise a special round-table discussion on the following topics: the EU enlargement and integration, conditions for a good neighborhoud relationship, and the development of democracy and multilateralism, all of them within the broader context of the Russian aggression in Ukraine.

Financial Conditions

As part of our endeavour to encourage and promote young researchers in the field of Russian studies, we offer those accepted the financial support needed to cover travel costs (up to 300 Euros). Selection is based on the academic quality of the abstracts; the motivation letter, submitted alongside the abstract, is important.

The conference organizers encourage Ukraine-based and displaced Ukrainian scholars to participate in the event and may cover all costs for them, by competition.

For all other participants, three days accommodation and meals are covered by organisers.

There is no participation fee.

The conference is organised with the support of 2014-2021 EEA Financial Mechanism 2014-2021 through EEA grants for Collaborative Research, Grant No. 35/2021.

Format

The Conference is held in a hybrid format: in-person participation in Bucharest, Romania, and virtual meetings on a specialised platform. In-person participation is encouraged.

Application

Please complete the attached application form, including:

  • Paper abstract (up to 300 words),
  • Short biography (up to 150 words)
  • Motivation letter (up to 300 words) for participants needing travel financial assistance

The ditto documents have to be sent via email to mariusdiaconescu@istorie.unibuc.ro by July 15th, 2023, in English.

Successful applicants will be notified via email by September 1st, 2023.

Conference language: English.

Academic Committee:

Prof. Dr. Mihai Răzvan Ungureanu (University of Bucharest)

Prof. Dr. Arild Moe (Fridtjof Nansen Institute)

Prof. Dr. Iver Neumann (Fridtjof Nansen Institute)

Mag. Sebastian Schäffer (Institute for Danube Region and Central Europe)

Prof. Dr. Armand Goșu (University of Bucharest)

Prof. Dr. Radu Carp (University of Bucharest)

Organising Committee:

Dr. Marius Diaconescu (University of Bucharest)

Dr. Anne-Kristin Jørgensen (Fridtjof Nansen Institute)

Dr. Iulia Mustățea (University of Bucharest)

Dr. Tatiana Cojocari (University of Bucharest)

Contactoffice@russianstudiesromania.eu

Please contact us, should there be any questions.

Important dates:

Deadline for submitting applications: July 15th, 2023.

Notification of acceptance: September 1st, 2023.

Conference: November 9th-11th, 2023.

Romanian Centre for Russian Studies – Insights

International Conference, November 2022, program and media coverage:

Geopolitical challenges of the Russo-Ukrainian War from the Black Sea to the Arctic Ocean  

Déjà-vu or a breakthrough? The Status Quo and the Future Prospects of Belarus

Déjà-vu or a breakthrough?

The Status Quo and the Future Prospects of Belarus 

4 May, 17:00 CEST 

An IDMonSite-interview with Katsiaryna Shmatsina moderated by Malwina Talik 

in the framework of the event series  

“70 Years of the IDM – Locating the Future” 

Belarus’ nation-wide demonstrations against “the last dictator of Europe” in 2020 raised hopes for a democratic turn in the country. After the regime’s brutal response, political opponents, activists and critics faced a choice between persecutions or exile. Among those who had to flee the country was Katsiaryna Shmatsina, the guest of the IDMonSite. In a conversation with Malwina Talik (IDM) she analysed the situation in Belarus in the aftermath of the crackdown, the reasons for the endurance of Lukashenko’s regime, the impact of the Russian invasion of Ukraine on Belarusian society and the international standing of the country. The interview addressed the questions of the future of Belarus under the current circumstances and some less obvious positive developments that could turn the tide. 

Katsiaryna Shmatsina is a Belarusian political analyst and a PhD Fellow at Virginia Tech University (Washington, DC), focused on critical geopolitics and security studies.  


Dilemma of Simultaneity – European Security and Integration

Dilemma of Simultaneity – European Security and Integration 

28 April, 10:00 CEST / 11:00 EEST

in the framework of the event series  

“70 Years of the IDM – Locating the Future” 

More than a year has passed since the full-scale invasion of Ukraine by the Russian Federation. While Ukraine is bravely defending itself against Russian aggression, the country must at the same time initiate reforms and economic and political transformations in order to go through the EU integration process. What is the potential of regional cooperation and macro regional strategies like the EUSDR to support Ukraine’s EU integration? And how can we keep up solidarity and foster an understanding of the broader European public for Ukraine? 

With these questions in mind and in the framework of our “70 years of IDM”-activities, the Institute of the Danube Region and Central Europe (IDM) is happy to partner up with the Ukrainian Institue for International Politics (UIIP) to host a hybrid event in Kyiv. It has become clear that we cannot talk about the future of the Danube region without securing the future of Ukraine first. Under the general topic of “Locating the future”, we will therefore also discuss the future security architecture in Europe and the role of Ukraine.  

 

PROGRAMME 

10:00 CEST/11:00 EEST 

Panel Discussion Dilemma of Simultaneity – European Security and Integration

Nadija Afansieva, Director, Ukrainian Institute for International Politics  

Andrii NadzhosDeputy Director, EU and NATO Department, MFA of Ukraine

Sebastian Schäffer, Managing Director, IDM 


Moderation:
 Mykhailo Omelchenko, Project Assistant, Ukrainian Institute for International Politics 


Sebastian Schäffer (IDM) für Phoenix Television/ HongKong

Phoenix Television, ein Fernsehsender mit Hauptsitz in Hong Kong, sprach mit Sebastian Schäffer (IDM) über die gegenseitige Ausweisung von russischen bzw. deutsche. Diplomat*innen sowie die Einflussnahme des Kremls auf die Zivilgesellschaft in Deutschland. Ausschnitte des Interviews wurden in zwei Beiträgen veröffentlicht, die Passagen sind auf Deutsch abrufbar: 

Russland-Spezialist: Russland hat versucht, die deutsche Unterstützung für die Ukraine zu beeinflussen

Russland weist Diplomaten als Vergeltung für die sich verschlechternden Grenzbeziehungen Deutschlands aus

Keynote: “70 Years IDM – Locating the Future” in Novi Sad

 

Keynote: “70 Years IDM – Locating the Future” in Novi Sad

24 April, 14:50 CEST 

in the framework of the event series  

“70 Years of the IDM – Locating the Future” 

Melanie Jaindl hold a keynote speech at the 10th International Danube Conference on Culture, titled “Culture for All – The Danube as a Cultural Bridge”. In her keynote she stressed the importance of cross-border cooperation in the cultural sector, and why culture must not be neglected in the work of think tanks like the IDM. In this regard, she also presented the latest issue of Info Europa: Kulturführer Mitteleuropa (Culture Guide Central Europe), which annually highlights cultural developments in the region and counts as one of the main publications of the IDM.  

Time and Date: 24 April 2023, 14:50 CET 

Place: Novi Sad, Museum of Vojvodina, Congress Hall 

The Danube Conference on Culture 2023 is organized by: 

  • Museum of Vojvodina
  • Provincial Secretariat for Culture, Public Information and Relations with Religious Communities
  • Provincial Secretariat for Regional Development, Interregional Cooperation and Local Self-Government of AP Vojvodina
  • Ministry of Science, Research and Arts Baden-Württemberg
  • Government of Lower Austria / Working Community of the Danube Regions
  • European Danube Academy
  • Danube Cultural Cluster

The Conference is also supported by: Institut français, SCCNS The Factory

Customized Gods: Die Wiederverzauberung Mittelosteuropas

Von der Kirchenbank ins Yoga-Studio: Der Historiker und Anthropologe ALESSANDRO TESTA erforscht die vielen Gesichter moderner Religiosität. Wie säkular ist Mittelosteuropa heute tatsächlich? Wo suchen die Menschen nach Sinn? Einblicke in den Trend zum Glauben nach Maß.

Eines hatten die Gesellschaften Mittelosteuropas in den Jahren vor 1989 gemeinsam: den Mangel an religiösen Ausdrucksformen im öffentlichen Raum. Ganz im Gegensatz zum Beginn des Jahrhunderts, als noch häufig religiöse Zeremonien stattfanden und die Kirchen voll waren. Die Gründe für diese Veränderungen lagen in der generellen Säkularisierung sowie im Versuch der kommunistischen Regime den Staatsatheismus durchzusetzen. Dabei kam es über die Jahrzehnte zu einer konstruierten Säkularisierung. Der staatliche Atheismus war allerdings nie eine »spontane«, volksnahe Umsetzung der von Karl Marx oder Vladimir Lenin postulierten Thesen. Denn tief im Inneren blieben die Massen auch unter der kommunistischen Führung überwiegend religiös, insbesondere in Ländern wie Polen, Ungarn oder Jugoslawien.

Religiöse Wiederbelebung?

Heute beobachten wir in der Region eine große Vielfalt an religiösen und spirituellen Praktiken: Dazu zählen etwa Formen der Volksmagie im ländlichen Ostböhmen, die Hingabe der Prager*innen zum Wiederaufbau der katholischen Mariensäule inmitten der Altstadt, oder die heidnische Wiederbelebung in Ungarn und ihre Nähe zum Neonationalismus. In der Slowakei und in Tschechien finden der Buddhismus und Yoga-Praktiken viel Anklang, besonders unter Unternehmer*innen. Und in Polen ist der Katholizismus nach wie vor sehr präsent, was zu Protesten gegen den kirchlichen Einfluss auf die Politik führt. Seit der Wende werden in Rumänien vermehrt orthodoxe Tempel gebaut, während in Tschechien sogenannte »Pseudoreligionen« oder »Parodiereligionen« aufkommen, darunter die »Kirche des Bieres« oder der »Pastafarianismus«. Manchmal entstehen auch »erfundene Religionen«, die auf populärkulturellen Massenprodukten wie Filmen basieren. Dazu zählt der »Jediismus« und der »Matrixismus«, die beide besonders in Tschechien erfolgreich sind.

Doch was steckt hinter dieser religiösen Wiederbelebung in post-sozialistischen Ländern? Welche Formen der Spiritualität haben sich seit 1989 herausgebildet? Diese »postsozialistischen Religionsfragen« beschäftigen die Forschung seit mehr als zwei Jahrzehnten. Zwischen 2020 und 2022 leitete ich ein ERC CZ-Forschungsprojekt, das die Entstehung und das Wiederauftauchen inoffizieller und alternativer religiöser Phänomene in den postkommunistischen Ländern Mittelosteuropas untersuchte. Dabei legten wir den Fokus auf interdisziplinäre Methoden und neue Ansätze. Mein Team und ich lernten die Menschen hinter der »Wiederverzauberung« kennen, beobachteten ihre Rituale und sprachen mit ihnen über ihre Überzeugungen. So habe ich zum Beispiel eine Reihe älterer Frauen und Männer interviewt, die an der Prager Mariensäule beteten, und traf mehrere junge Männer, die in Hlinsko die Masopust-Prozession (Fasching) organisierten.

Maßgeschneiderter Glaube

Einige der genannten Beispiele deuten auf eine spirituelle Wiederbelebung hin. Andere wiederum auf einen allgemeinen Trend zur Abnahme der Religiosität in post-säkularen Gesellschaften. Doch unabhängig davon, aus welchem Blickwinkel wir diese Phänomene betrachten, lassen sie einen tiefgreifenden Wandel in Mittelosteuropa nach dem Fall des Kommunismus erkennen. Die Religionsfreiheit, die Demokratie und die darauffolgende neoliberale Politik haben das religiöse Leben beeinflusst. Gleichzeitig führten die digitale Revolution und die Konsumkultur zur Erosion traditioneller, gemeinschaftsorientierter, kirchlicher Formen des Glaubens. Infolgedessen beschleunigte sich die Individualisierung der Religion, zum Beispiel durch Formen ritueller Kreativität, die von den Praktizierenden »maßgeschneidert« werden, um ihre eigenen religiösen Bedürfnisse außerhalb eines dogmatischen oder gemeinschaftlichen Rahmens zu befriedigen. Symptomatisch dafür ist der Trend zum Neo-Schamanismus und Neo-Heidentum. Die Individualisierung ist vielleicht der sichtbarste und am tiefsten verwurzelte Aspekt im religiösen Leben des gesamten Westens.

Religiös, aber anders

Jahrzehntelang postulierte die Religionssoziologie und -anthropologie Max Webers Theorie der »Entzauberung der Welt«, also den Niedergang der Religion in der modernen Welt. Doch im Gegenteil dazu beobachten wir in Industriegesellschaften in den letzten Jahrzehnten eher einen komplexen, vielschichtigen Wandel der religiösen Gefühle, Überzeugungen und Praktiken. Es entstanden mehrere Theorien, darunter die der »Wiederverzauberung«, um die steigende Bedeutung von Religion in Europa zu erklären. Statt auf der Idee der Säkularisierung zu beharren, ziehen es viele Wissenschaftler*innen vor, den gegenwärtigen Zeitgeist in der Welt als eine globalisierte »Postsäkularität« zu charakterisieren: eine Zeit, die nicht weniger religiös, sondern vielmehr anders religiös ist.

»Wiederverzauberung« scheint ein geeignetes Konzept zu sein, um die Veränderungsprozesse seit 1989 zu charakterisieren. Es verweist auf die kulturelle Praktik, ein Objekt, eine Handlung, eine Darstellung oder eine Beziehung mit einer magischen, spirituellen, transzendenten oder unheimlichen Dimension aufzuladen. Es scheint, dass immer mehr jüngere Mittelosteuropäer*innen einen Drang nach religiöser Besänftigung verspüren, nach mehr als nur materiellen existenziellen Antworten und nach Selbstbesinnung. Manchmal spielen sie auch nur mit religiösen oder religionsähnlichen Symbolen, denn die Macht der Religion, der Magie und anderer verzauberter Wirklichkeiten findet sich heute nicht nur in den üblichen Ritualen oder Kontexten, sondern hat sich auch auf Gegenstände, Gefühle und Lebensstile sowie auf die Popkultur übertragen. Viele greifen heute auf diese wiederverzauberten Darstellungen und Praktiken zurück, weil diese Phänomene sinnstiftend sind. Sie sind auf dem »religiösen Markt« erhältlich und leicht auf die Bedürfnisse des spätmodernen Individuums anzuwenden.

 

Alessandro Testa hat in Italien und Frankreich studiert und war Lise-MeitnerPostdoc an der Universität Wien. Aktuell ist er Professor an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Karlsuniversität in Prag.