Pushbacks, vetoes, boycotts… What will the Schengen dispute mean for CEE?

On December 8th, Austria blocked EU members Romania and Bulgaria from joining the Schengen area, quoting fears of uncontrolled irregular migration as a main explanation. In response, in both countries, calls for a boycott of Austrian companies followed. What lies behind Austria’s veto and what consequences will it have for the EU and the region? Why can individual states block decisions of that magnitude for other EU members? Do we witness another face of Euroscepticism, in which “vetoism” is a tool of countering supranationalism? Finally, what measures should be taken to improve the decision-making processes at the EU-level? 

We discussed these and other questions together with: 

Mihai Razvan Ungureanu, former Prime Minister of Romania

Vladislava Gubalova, Senior Research Fellow, Centre for Global Europe, GLOBSEC Policy Institute

Daniela Apaydin, Research Associate, Institute for the Danube Region and Central Europe

Sebastian Schäffer, Managing Director, Institute for the Danube Region and Central Europe 

Moderation:

Malwina Talik, Research Associate, Institute for the Danube Region and Central Europe.

Watch the discussion here:

»Wir müssen mehr auf den Sound dieser Generation hören«

THOMAS ZEHENDER will der kulturellen Vielfalt entlang der Donau ein Zuhause geben. 2015 gründete er dafür den Verlag danube books mit Sitz in Ulm. Sein Engagement wurde kürzlich von Baden-Württemberg mit dem Verlagspreis Literatur ausgezeichnet. DANIELA APAYDIN sprach mit dem Verleger über Klischees, Krisen und Leidenschaft.


Herr Zehender, in Europa herrscht Krieg, die Menschen klagen über steigende Preise und politisch wird die Schlagkraft der EU von nationalistischen Kräften zerrieben. Wie wirken sich diese multiplen Krisen auf Ihre Arbeit aus?

Jahrzehntelang betrieben Länder wie Deutschland Europapolitik nebenbei. Als Journalist habe ich erlebt, dass diese Themen auch nicht wirklich in den Redaktionen verankert sind. Als Verleger stelle ich fest, dass Europa auf der Arbeitsebene recht gut funktioniert, wenn man sich persönlich kennt und schätzt. Dazu muss man aber die nationale Fahne ein Stück weit einrollen. danube books versteht sich nicht als deutscher, sondern als europäischer Verlag mit Sitz in Deutschland. Natürlich spüren wir aktuell viel Druck. Die Papierpreise gehen durch die Decke. Am meisten trifft die Krise aber die AutorInnen, weil es seit Beginn der Pandemie weniger Publikumsveranstaltungen gibt. Das Ausweichen auf digitale Formate funktioniert zwar, aber bei Online-Lesungen können wir keine Bücher verkaufen und signieren. Trotzdem bleibt mein Motto: Zum Jammern hab‘ ich keine Zeit.

Durch den Krieg in der Ukraine scheint auch das Interesse an der dortigen Kultur zu steigen. Entdeckt Westeuropa nun den Osten wieder, nachdem dieser lange vernachlässigt wurde?

Diese Ansicht teile ich. Die Region taucht meist nur unter zwei Vorzeichen auf: entweder, weil dort etwas sehr billig zu haben ist, z.B. Dienstleistungen, Arbeitskräfte etc., oder – ähnlich wie damals bei den Balkankriegen – wenn es zu wirklich bedrohlichen Situationen kommt. Die Ukraine wurde in Deutschland lange ausgeblendet. Leider ist sie für viele, wie auch andere Länder der Region, immer noch ein großer weißer Fleck auf der Landkarte.

Was hat Sie dazu bewogen, in Zeiten der Digitalisierung einen Buchverlag zu gründen?

In den letzten zehn Jahren gab es tatsächlich mehrere Verlagsgründungen, oft mit einem Nischenprogramm. Ich habe lange als Journalist gearbeitet, mich aber dann davon losgesagt, weil ich vor allem mit dem Tageszeitungsgeschäft nicht mehr zufrieden war. Ich wollte mich neu erfinden. Mein persönlicher Gewinn der Verlagsgründung ist die Horizonterweiterung. Das hält mich geistig fit. Ich bleibe immer mit anderen Sprachen, Kulturen und Mentalitäten in Berührung. Daraus sind auch viele Freundschaften und Kontakte mit AutorInnen entlang der Donau entstanden. Auch wenn es nicht immer leicht ist, habe ich doch meinen Platz gefunden.

Eine erfolgreiche Nische ist Ihre LyrikReihe edition textfluss. Darin veröffentlichen Sie vor allem Beiträge in Originalsprache und deutscher Übersetzung – eine Mühe, die nicht selbstverständlich ist. Warum ist Ihnen sprachliche Vielfalt so wichtig?

Der Verlagsname danube books ist absichtlich englisch, weil es eine verbindende Sprache ist. Wenn ein Gedicht nicht auf Deutsch verfasst wurde, lassen wir es übersetzen, aber immer zusammen mit dem Original. Das ist wichtig, um ein Gefühl von Rhythmus und Melodie zu vermitteln. Insgesamt nimmt das Interesse an Literatur aus Ost- und Südosteuropa deutlich zu. Ich pflege z.B. enge Kontakte zu rumänischen Communities in Stuttgart und in anderen Orten. Sie kommen über Kulturveranstaltungen zusammen, zum Beispiel bei Lesungen oder Konzerten.

Oft scheint der Blick vieler AutorInnen aus der Region stark auf die Vergangenheit gerichtet zu sein. Erfahrungen mit Diktatur, Entfremdung oder Entwurzelung sind zentrale Themen, naturgemäß für AutorInnen, die auswandern mussten. Welche Rolle spielt die literarische Vergangenheitsbewältigung in Ihrem Verlag?

Für mich ist der Ist-Zustand viel interessanter als die Vergangenheit, gerade der Prozess der Transformation, etwa in Rumänien und Bulgarien. Beide Länder sind noch nicht wirklich in Europa angekommen. Das zeigt sich in den biografischen Texten wie »Das Paprikaraumschiff« von Sigrid Katharina Eismann, die mit sechzehn aus Rumänien emigrierte. Die Autorin sagte einmal, dass Jugendliche das Pendeln zwischen den Kulturen und Systemen viel stärker wahrnehmen als Erwachsene. Wie wir mit den Erfahrungen von Migration und Integration umgehen, wird die Zukunft Europas beeinflussen. Das ist ein spannendes Thema, zu dem ich aktiv jüngere, auch noch unbekannte AutorInnen suche. Und sehen Sie mit dem Generationenwechsel mehr als 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs eine veränderte Perspektive? 2018 erschien die Lyrik-Anthologie »Die Spitzenelf/Primul unsprezece« mit elf LyrikerInnen aus Rumänien, die alle nicht älter als 39 Jahre waren. Da bekommen Sie genau den Sound dieser Generation. Und auf diesen Sound müssen wir noch viel genauer hören. Mein Ziel ist es, nicht nur die weiße Landkarte der Deutschen und ÖsterreicherInnen bunter zu gestalten, sondern auch beizutragen, dass sich die Menschen östlich von Wien untereinander mehr zuhören.

Worin liegen heutzutage die größten Herausforderungen, als AutorInnen fußzufassen?

Fast die Hälfte unseres Programms besteht aus Erstwerken. Am besten funktioniert es, wenn die AutorInnen beruflich schon mit Sprache zu tun haben, zum Beispiel als JournalistIn oder AkademikerIn. Die größte Herausforderung ist es, auf den Punkt zu kommen und eine Struktur zu erstellen. Ich fordere immer einen Waschzettel, also ein halbes DIN-A4-Blatt, auf dem die ganze Geschichte kurz und knackig dargestellt werden muss.

2022 hat danube books den Verlagspreis Literatur des Landes Baden-Württemberg erhalten. Wie schwierig ist es, stromabwärts von Ulm als Verlag präsent zu sein? Die Buchmärkte sind doch stark nationalstaatlich begrenzt.

Auszeichnungen wie diese sind besonders wichtig. In Deutschland gibt es – im Gegensatz zu Österreich – keine institutionelle Förderung für unabhängige Verlage wie danube books. Die Veranstaltungsprogramme von Kulturinstituten in der Region wie dem Goethe-Institut sind bei der grenzüberschreitenden Arbeit sehr wichtig. In manchen Ländern sind die staatlichen Literaturagenturen sehr aktiv. Eines der kleinsten Donauländer, die Slowakei, macht unglaublich viel für seine Literatur und AutorInnen, sponsert Lesereisen, etc. Slowenien und Rumänien sind ebenfalls sehr aktiv. In Ungarn sieht man Literatur vorrangig als nationales Kulturgut. Das Interesse nach außen zu wirken, könnte stärker sein. Gemeinsam mit dem IKGS München konnten wir zwei anspruchsvolle Projekte verwirklichen: einen Lyrikband in allen Sprachen der Bukowina und die deutsche Ausgabe einer Graphic Novel aus der Ukraine über die Lyrikerin Rose Ausländer. Die Buch Wien ist für mich eine wichtige Verbindung zu Ostmittel- und Südosteuropa.

© danube books

Im November 2022 wird danube books wieder auf der Buch Wien vertreten sein. Sind solche Messen leistbar für einen kleinen unabhängigen Verlag und lohnt es sich, dort präsent zu sein?

Um ehrlich zu sein, es ist sauteuer geworden. Bei vielen Messen sind die Konditionen so hoch, dass man den Eindruck haben könnte, kleine Verlage werden dort nicht gewollt. Aus diesem Grund stelle ich weder in Leipzig noch in Frankfurt aus. Wien ist dagegen angenehm klein, übersichtlich und die großen deutschen Konzernverlage fehlen weitgehend. Ich bin jedes Mal über die Vielfalt an Verlagen in Österreich erstaunt. Auch die Verkäufe dort sind sehr gut. Als Mitglied des Danube Cultural Cluster profitieren wir auch von einer hohen Sichtbarkeit durch Veranstaltungen auf der DonauLounge.

 

Verlag-Webseite: danube-books.eu

Magazin danube connects:
danube-connects.eu

Danube Cultural Cluster:
danubeculturalcluster.eu

Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas: ikgs.de


IDM-INTERVIEW mit Daniela Apaydin und Thomas M. Zehender, lic. rer. publ. (geb. 1959 in Backnang, Deutschland) hat 2015 den Verlag danube books gegründet. Davor war er vorwiegend als Redakteur diverser Tageszeitungen und als Mitarbeiter des Magazins danube connects – Magazin für die Donauländer sowie als freier Journalist tätig. 

A Study Tour to Austria

Danubius Awards 2022

Danubius Award 2022 to the Bulgarian scientist Prof. Dr. Diana Mishkova, Danubius Mid-Career Award to Ukrainian scientist Assoc. Prof. Dr. Tamara Martsenyuk and Danubius Young Scientist Awards to 13 promising researchers from the Danube region. 

The “Danubius Award” 2022 goes to Bulgarian Prof. Dr. Diana Mishkova, History Professor and Director of the Centre for Advanced Study (CAS) in Sofia, Bulgaria. With her work focusing on modern and contemporary history of Eastern Europe, the modernization of South-Eastern Europe, European societies, and European peripheries as well as national identities, she has contributed profoundly to research on the Balkans. She is o the funding director of CAS Sofia, that is supported by numerous international sponsors, such as the Wissenschaftkolleg Berlin (Institute for Advanced Study Berlin). Prof. Dr. Mishkova has already received several awards for her scientific work and is involved in different international projects – currently in the Horizon 2020 project “PREVEX – Preventing Violent Extremism in the Balkans”.

Ukrainian scientist Assoc. Prof. Dr. Tamara Martsenyuk has been awarded the “Danubius Mid-Career Award” 2022. She is an Associate Professor at the National University of Kyiv-Mohyla Academy. In her studies, she focuses on gender research, social inequality issues, gender policies, social movements, and empowerment. In addition to numerous stays abroad and the participation in international research projects, she also brings her expertise to national policy forums and NGOs. Her research is currently focusing on the topic “Women’s involvement in Russia’s War against Ukraine”. 

 
In addition, 13 young scientists from the Danube Region will be awarded with the Danubius Young Scientist Award 2022 for their scientific work.

By presenting these Awards, the Austrian Ministry for Education, Science and Research (BMBWF) is contributing to the implementation of the EU Strategy for the Danube Region (EUSDR) adopted by the European Council in 2011. Through the awarding of outstanding scientific achievements, the Danube region is made visible as a research area and the perception of its multidisciplinary challenges and potentials is strengthened.

“The Danube Region provides many opportunities for cross-border and regional cooperation among universities as well as research organizations. And there are, indeed, plenty of common challenges along the Danube and beyond which we need to jointly address and develop solutions for Federal Minister for Education, Science and Research Prof. Martin Polaschek pointed out on the occasion of the award ceremony on 10 November 2022 at the University of Maribor.

“The role of scientists and researchers has changed profoundly in the last decade. On the one hand, scientists and researchers are in a high demand to deliver fast results and provide evidence for critical policy decisions, and they have become indispensable in explaining and communicating the current knowledge available. On the other hand, we see a worrying rise in skepticism towards science and research as well as towards democracy in general, which creates a wide range of problems for and in our societies. We need to work together to counter this skepticism, and I am confident that all of you present and especially the awardees of today can and will contribute with their work towards demonstrating and communicating the relevance of science and research“, Polaschek continued.

The award ceremony in Maribor took place in the presence of Barbara Weitgruber, Head of the Department from the BMBWF, and Friedrich Faulhammer, Chairman of the Institute for the Danube Region and Central Europe (IDM).

In her introduction, Barbara Weitgruber highlighted the solidarity with Ukraine as partner country of the EUSDR: “We will continue our support to the Ukrainian researchers, who have come or aim of coming in the EU, as well as to those remained in Ukraine. In addition to that, we hope for an early beginning of the reconstructions, and we are getting ready for appropriate support measures”. 

Friedrich Faulhammer added: “I am really pleased that once again we are working together with the Ministry for Education, Science and Research to honor scientists, who are significantly contributing to the development of knowledge and understanding within the Danube region in their various fields of research. This year, I am particularly pleased that we can also highlight the scientific work of Ukrainian female researchers, as they are currently forced to work under the conditions caused by the unjustified Russian attack on their country”.

The “Danubius Award” was established in 2011 to honor researchers who have outstandingly dealt with the Danube Region in their academic or artistic work. The prize is granted every year on a rotating basis for achievements in the humanities, cultural and social sciences (2022) or in life sciences and is endowed with € 5,000.

The “Danubius Mid-Career Award” is endowed with € 2,200 and has been awarded since 2017 to researchers who are from 5 to a maximum of 15 years after their last formal scientific degree or have equivalent scientific experience. The prize winners were selected by an independent jury of experts chaired by Univ. Prof. Dr. Stefan M. Newerkla (University of Vienna).

Since 2014, special young talent awards, the “Danubius Young Scientist Awards” have also been awarded. The prize, which is open to all disciplines, highlights the scientific work and talent of young researchers and increases the visibility of the excellence of the research community in the Danube Region. In this way, the prizes also contribute to the fact that young scientists deal with the river and the region in a variety of ways. The young talent prizes are endowed with € 1.350, per award winner. The selection was made by an international jury of experts, whereby the candidates for the award were nominated by their respective scientific institutions. 

Austria  Daniela Apaydin  
Bosnia and Herzegovina  Marko Djukanović  
Croatia  Jelena Kranjec Orlović  
Czech Republic  Adela Grimes  
Germany  Jan Schmitt  
Hungary  Blanka Bartos  
Moldova  Nicolae Arnaut  
Montenegro  Miloš Brajović  
Romania  Mihaela Cudalbeanu 
Serbia  Zorana Miletić  
Slovakia  Tibor Zsigmond  
Slovenia  Žane Temova Rakuša  
Ukraine  Illia Diahovchenko  

Watch the Award ceremony below

Gemeinsame Geschichte? Österreichische und serbische Mythen von 1914 bis 2014

IDM-Projekt, gefördert durch den Zukunftsfonds der Republik Österreich

Projektziel:

Im inzwischen abgeschlossenen IDM-Forschungsprojekt werden all jene handlungsleitenden Mythen erfasst und analysiert, die über hundert Jahre das Verhältnis zwischen Wien und Belgrad bestimmt haben. Einander gegenübergestellt sind hier insbesondere der Habsburgermythos und der Kosovomythos, die beide je nach politischem Interesse instrumentalisiert wurden. Der Untersuchungszeitraum beginnt mit der Ermordung des austrophilen Königs Aleksandar Obrenović 1903, die ein zusehends konfrontatives Verhältnis beider Länder einleitete, und endet mit dem gegenwärtigen EU-Integrationsprozess Serbiens, für den sich Österreich explizit einsetzt. So wechseln sich zwischen 1903 und 2014 die Phasen von Kooperation und Konfrontation gegenseitig ab, was durch die hierfür instrumentalisierten Mythen verstärkt wird.

Das Verhältnis zwischen Österreich und Serbien ist nicht friktionsfrei. Darauf verweisen diverse Diskurse, die anlässlich des möglichen EU-Beitritts Serbiens hierzulande zu vernehmen sind. Viele dieser Diskurse fußen auf unbewiesenen Vorurteilen und Mythen, deren Ursprünge weit in die Vergangenheit zurückreichen. Auch in Serbien kursieren viele historische Mythen über Österreich, die der sozialen Wirklichkeit nicht entsprechen, jedoch gegenwärtige Wahrnehmungen beeinflussen. Im inzwischen abgeschlossenen Projekt geht es um eine aufklärerisch motivierte Aufarbeitung dieser von Propagandamythen verklärten hundert Jahre zwischen 1914 und 2014. Das biperspektivische Forschungsdesign sollte Erkenntnisse liefern, die ein differenziertes Geschichtsbild zu zeichnen erlauben und darüber hinaus auch eine zutiefst bedeutsame Funktion im Hinblick auf die europäische Integration, also auf die Einbindung der Balkanstaaten bzw. des „West-Balkans“ in die Europäische Union in der Zeit nach 2014 erfüllen. Das Projekt soll damit einen grundlegenden Beitrag zum gegenseitigen und ‚nachbarschaftlichen’ Verständnis im gegenwärtigen europäischen Integrationsprozess leisten. Ein differenziertes Geschichtsbild und gegenseitiges Verständnis sind nicht zuletzt im Kontext verstärkter politischer, wirtschaftlicher sowie kultureller Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen EU-Mitgliedsländern und EU-Kandidatenländern wesentlich.

Mit dem Sarajevo-Attentat 1914 und der darauffolgenden Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien entwickeln sich der Habsburgermythos und Kosovomythos zu Hauptideologemen beider Staaten. Der Habsburgermythos soll mitsamt seinen Umdeutungen, bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs seine politische Strahlkraft erhalten und im neutralen Österreich nur mehr im Kulturbereich fortwirken. Dagegen soll der mythologisierte gemeinsame Kampf gegen eine feindliche Fremdherrschaft (unausgesprochenes Merkmal des Kosovomythos) die Grundlage von Titos Partisanenbewegung und sozialistischem Jugoslawien bilden.

Angetrieben vom Wunsch nach Prosperität und Wohlstand und im Korsett des Kalten Krieges schwenken das neutrale Österreich und blockfreie Jugoslawien auf den Kurs der freundschaftlichen Nachbarschaft um. Diese Nachbarschaftspolitik, die österreichische Touristen an die jugoslawische Adria und jugoslawische Arbeitsmigranten („Gastarbeiter“) nach Österreich bringt, endet mit dem jugoslawischen Zerfallsprozess. Darin ist auch Österreich mit seiner Favorisierung und darauffolgenden Anerkennung von Slowenien und Kroatien (offiziell gemeinsam mit der EG 1992) verwickelt. Während der Jugoslawienkriege in den 1990er Jahren zählen Österreich wie der Westen bzw. die so genannte internationale Gemeinschaft zu den erklärten Feinden des serbischen (jugoslawischen) Milošević-Regimes, das sich den Kosovomythos längst zunutze gemacht hat. Umgekehrt schließt sich Österreich in seiner ablehnenden Haltung gegenüber Serbien den tonangebenden internationalen Mächten an.

Das konfrontative Verhältnis zwischen dem offiziellen Wien und Belgrad endet schließlich mit dem Sturz des Milošević-Regimes 2000 und der damit verbundenen Absage an den herkömmlichen Kosovomythos auf serbischer Seite. Im Kontext des nach wie vor laufenden EU-Integrationsprozesses Serbiens gestaltet sich dieses bilaterale Verhältnis betont freundschaftlich, verbunden mit wirtschaftlichen Kooperationen. Die geplante Buchpublikation soll anhand dieser Untersuchung zweier gesamtgesellschaftlich zutiefst verwobener Staaten einen Beitrag zum Verständnis europäischer Geschichte und aktueller politischer Prozesse leisten.

Projektpräsentationen:

Präsentiert wurden die Projektergebnisse bei den folgenden Veranstaltungen:

Im Rahmen des 9. Werkstattgesprächs des Zukunftsfonds der Republik Österreich am 15. Oktober 2013 an der Diplomatischen Akademie,

im Zuge des IDM-Lehrer/innen-Fortbildungsseminars zu „100 Jahre Erster Weltkrieg – von der ‚Urkatastrophe’ zum Friedensprojekt Europa“ am 27. Februar 2014 am Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Wien,

im Rahmen der 11th DRC Summer School zu „1914-2014: 100 Years after the World War I – Chances and Challenges for the Danube Region“ am 10. Juli 2014 an der Universität Novi Sad,

im Zuge der Konferenz zu „Kriegserinnerungen zwischen Vergangenheitsbewältigung und Zukunftsgestaltung“ am 10. September 2014 an der Andrássy Universiät Budapest

und im Rahmen der IDM-Konferenz „Der Große Krieg und seine Mythen im Donauraum von 1914 bis 2014“ am 22. September 2014 im Presseclub Concordia.

Der Konferenzband als Ausgabe der wissenschaftlichen Quartalszeitschrift des IDM befindet sich derzeit in Produktion.

  • ProjektzeitraumSeptember 2012 – August 2014
  • ProjektleitungDr. Erhard Busek
  • Projektkoordination: Mag. Dr. Wolfgang Pensold
  • Projektmitarbeiterinnen: Mag. Dr. Silvia Nadjivan | MMag. Eva Tamara Asboth (ehemals Titz)
  • Projektmonitoring: Prof. Dr. Milan Ristović | Mag. Dr. Irena Ristić